SAAS-Unternehmen gibt es mittlerweile tausende auf dem Markt. Ob im E-Mail-Marketing, in der Buchhaltung oder im Kundenservice – Tools gibt es für jegliche Bereiche. Auch Recruitingsoftware ist in den HR-Abteilungen von Unternehmen in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Eine dieser Lösungen heißt Recruitee. Wir haben mit dem CEO des Unternehmens, Perry Oostdam, gesprochen und ihn gefragt, wie Recruitee funktioniert, wo Perry die größten Herausforderungen und Trends der Branche sieht und wie sich Bewerbungsprozesse im Hinblick auf KI verändern könnten. Was der Gründer, Berater und Investor darüber denkt, erfahrt Ihr hier im Interview.
CEO und Co-Founder von Recruitee Perry Ootsdam verrät Euch seine Lieblingsfunktionen des Tools
OMR: Perry, welche Erfahrungen haben Dich dazu gebracht, Recruitee zu starten?
Perry: Als ich mein erstes Unternehmen, GeoRun, zusammen mit meinem Mitgründer Paweł Smoczy gründete, erkannten wir schnell, wie komplex sich das Einstellen neuer Mitarbeiter sowie das schnelle Skalieren von Teams gestaltet. Die damals vorhandenen Recruiting-Tools entsprachen nicht wirklich unseren Bedürfnissen. Es gab zwar bereits Tools zur Bewerber:innenverwaltung, aber keines von ihnen bot einen einfachen Überblick über den gesamten Prozess. Daher beschlossen wir, unsere eigene Software für kollaboratives Recruiting zu entwickeln, die unser Team zukünftig unterstützen würde. So entstand 2015 Recruitee.
OMR: Wenn du Recruitee in 5 Sätzen beschreiben müsstest: Was würdest Du sagen?
Perry: Recruitee ist eine intuitive, einfach zu bedienende, kollaborative Recruitment Software, die für Teams jeder Größe entwickelt wurde, damit sie gemeinsam wachsen und ihre Einstellungsziele erreichen können. Die Idee des kollaborativen Recruitings und von Recruitee ist es, mit Teams bestehend aus Kolleg:innen, Führungskräften und Personaler:innen den Einstellungsprozess gemeinsam zu gestalten. Diese Teams können den Einstellungsprozess mithilfe von Recruitee von Anfang bis Ende managen, sich gegenseitig auf dem Laufenden halten und gleichberechtigt einbringen. Recruiter:innen können Pipelines mit automatisierten Aktionen und Vorlagen strukturieren, mit Mehrfachausschreibungen und Empfehlungen effektiv rekrutieren, Vorstellungsgespräche mit einem Kalender und Videointerview-Tools vereinfachen sowie den Fortschritt mit individuell erstellten Dashboards und Berichten verfolgen. Umfassende Übersichten über den Status der Stellenbesetzung, Aktualisierungen von unterwegs mit einer einfach zu bedienenden mobilen App und mehrere Bewertungs- und Kommunikationstools, um Kandidat:innen schneller einzustellen, sind Teil von Recruitee. Hinzu kommt die Möglichkeit, Rollen- und Sichtbarkeitsbeschränkungen zu verwalten, die Personalverantwortliche für den Datenschutz und die Sicherheit festlegen können.
OMR: Was ist in Deinen Augen die wichtigste Funktion, die Recruitee vom Wettbewerb unterscheidet?
Perry: Definitiv die einfach zu bedienenden Funktionen. Recruiter:innen können zum Beispiel Talente durch die gesamte Kandidat:innen-Pipeline mit einem einfachen Drag & Drop bewegen: von einer Phase des Rekrutierungsprozesses zur anderen. Oder sie können unsere No-Code-Karriereseite nutzen, um ihre Arbeitgebermarke mit voreingestellten Vorlagen und visuellen Elementen ansprechend zu präsentieren. Dafür sind weder aufwendiges Einfuchsen noch eine umfangreiche Produktschulung erforderlich.
OMR: Was ist/sind Deine Lieblingsfunktion(en) für Recruitee?
Perry: Es gibt so einige, die ich gerne nennen würde, aber wenn ich eines hervorheben müsste, wäre es das Empfehlungsportal. Es ist unser neuester Produktbestandteil, auf den wir sehr stolz sind, denn normalerweise werden Empfehlungen über zusätzliche, externe Tools abgewickelt. Mit unserem Empfehlungsportal kann jede:r Mitarbeitende zur tatkräftigen und engagierten Personalvermittler:in werden, die ihr Unternehmen dabei unterstützt, Talentpools über ihr persönliches Netzwerk aufzubauen. All das findet in einem einzigen Tool statt. Das spart nicht nur Zeit und Kosten, sondern macht den Rekrutierungsprozess auch kollaborativer und garantiert einen besseren Fit der Kandidat:innen für das Team.
OMR: Wenn Du an all die Kunden-Cases von Euch denkst, welcher ist Dir da am stärksten in Erinnerung geblieben?
Perry: Da fällt mir direkt INCLOUD ein. INCLOUD entwickelt Cloud-native Software und hat mit der meistgesuchten Position der Software-Entwickler:in ein besonders spitzes Bewerber:innenprofil, das schwer zu finden ist. Vor der Einführung von Recruitee haben sie für das Recruiting ein Projektmanagement-Tool genutzt. Für den Anfang war dies in Ordnung, doch je stärker das Team wuchs, desto herausfordernder wurde es, alle Informationen aus Telefonaten, Mails und Absprachen abzubilden. Zudem war es ihnen ein wichtiges Anliegen, die rekrutierenden Teams einzubinden – gerade da braucht es einen wirklich strukturierten und intuitiven Zugriff auf Informationen. Sie haben sich als Techies letztlich auch für uns entschieden, weil wir eine API-Schnittstelle bieten, was es ihnen erleichtert hat, Recruitee an andere Anwendungen zu anzubinden.
OMR: Was ist die Vision für Recruitee?
Perry: Unsere Vision ist es, die Zusammenarbeit in den Mittelpunkt des Einstellungsprozesses zu stellen. Wir glauben, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen den Personal- und den Fachabteilungen bedeutet, dass sie leichter im immer schnelllebigeren Kampf um Talente bestehen, eine positivere Bewerbererfahrung schaffen und sich auf ihre strategischen Prioritäten konzentrieren können. Unser Ziel ist es, Teams mit den besten Tools auszustatten, um gemeinsam eine bessere Form des Recruitings zu etablieren.
Und so schätzt Perry die Zukunft der Recruiting-Branche ein
OMR: Wenn Du auf die Recruiting-Branche schaust: Was sind da derzeit die größten Herausforderungen?
Perry: Eine der größten Herausforderungen, die wir derzeit sehen, ist die Frage, wie die Branche die großen Veränderungen in der Arbeitswelt navigiert. Da wir uns zwischen Homeoffice, Remote Work und Büroarbeitsplätzen bewegen, machen diese hybriden Arbeitsplatzmodelle das Recruiting noch komplexer. Die potenziellen Talentpools werden immer weitreichender, da sich mehr und mehr Unternehmen für virtuelle Arbeitsmodelle öffnen. Das bedeutet, dass mehr Kandidat:innen in der Pipeline landen, wofür es eine durchdachte Strategie für das Bewerbermanagement bedarf, um dem gestiegenen Workload gerecht zu werden.
Gleichzeitig sind die Benefits rund um die Arbeitsflexibilität – wie z. B. der eine Tag Homeoffice – nicht mehr die Ausnahme, sondern die Norm. Arbeitgeber:innen müssen anfangen, über den Tellerrand zu schauen, um entsprechende High Potentials anzuziehen und ihre bisherigen Talentstrategien überdenken.
OMR: Welche Trends siehst Du für die Recruiting-Branche?
Perry: Flexible Arbeitsbedingungen sind der Trend des Jahres 2021 und darüber hinaus. Twitter kündigte Ende 2020 an, dass es seinen Mitarbeiter:innen erlauben wird, „für immer remote zu arbeiten, wenn sie sich das wünschen.“ Gleichzeitig setzen andere Unternehmen wie Spotify auf eine „Work From Anywhere“-Politik. Dies steigert den Wettbewerb im Kampf um Talente, da jede:r in der Lage ist, das Unternehmen zu wählen, das am besten zum eigenen Lebensentwurf passt.
Ein weiterer wichtiger Trend dreht sich um die Schaffung vielfältigerer und integrativerer Arbeitsplätze. Dieser Trend gewann im Jahr 2020 während der Black-Lives-Matter-Bewegung an Dynamik und bleibt ein wichtiger Schwerpunkt. Unternehmen beginnen endlich, ihre Einstellungsprozesse umzustrukturieren, um Bias in der Personalgewinnung abzubauen und aktiv zu bekämpfen. Dies bedeutet, dass Personaler:innen dafür verantwortlich sind, eine größere Vielfalt an Kandidat:innen im Talentpool zu schaffen. HR-Teams sind in der einmaligen Position ihren Unternehmen den Weg zu weisen, deren Bemühungen hinsichtlich Inklusion und das vorherrschende Bewusstsein für Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration am Arbeitsplatz voranzubringen.
OMR: Welche Rolle wird Social Media in Bewerbungsprozessen übernehmen oder welche Rolle übernimmt Social Media auch jetzt schon?
Perry: Die Nutzung sozialer Medien hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. Eine Studie aus dem Jahr 2020 hat gezeigt, dass 86 Prozent der Arbeitssuchenden soziale Medien bei ihrer Arbeitssuche nutzen und Inhalte von potenziellen Argeitgeber:innen in sozialen Medien angeschaut, gesucht, geteilt und mit diesen interagiert haben.
Das ist ein beträchtlicher Prozentsatz an Talenten, die Social-Media-Plattformen bei der Jobsuche und Bewerbungen nutzen. Auch immer mehr Unternehmen nutzen die aktuellsten Social-Media-Kanäle wie TikTok, um Talente zu gewinnen und einzustellen. Wenn Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben wollen, müssen sie die genutzten Social-Media-Plattformen optimal bespielen, vor allem da Gen Z nun in die Arbeitswelt eintritt – die Generation, die bisher in den sozialen Medien am aktivsten unterwegs ist.
OMR: Wie verändern sich Bewerbungsprozesse im Hinblick auf KI? Wo siehst Du Chancen und Risiken?
Perry: Immer mehr HR-Software-Entwickler integrieren KI-Funktionalitäten in ihre Lösungen. KI kann dazu beitragen, Routineprozesse zu automatisieren und der Personalabteilung einen Teil der alltäglichen Arbeit abzunehmen. Der Einsatz von KI bietet klare Möglichkeiten zur Reduzierung des Arbeitspensums, zur Optimierung des Einstellungsprozesses und zur Kommunikation mit den Bewerber:innen.
Trotz des Optimierungspotenzials, muss jedes Unternehmen im Einzelfall entscheiden, wo der Einsatz von KI sinnvoll und ethisch vertretbar ist. Letztendlich sollte immer ein Mensch oder ein Team von Menschen die Entscheidung treffen, zumal Personalentscheidungen maßgebliche Auswirkungen auf das Leben der Mitarbeiter:innen und das gesamte Unternehmen haben.
OMR: Fast philosophisch: Lange war Recruiting ein extrem menschliches Thema. Das richtige Gespür war immer wichtig. Dreht sich das durch Technologie gerade?
Perry: Digitale Tools können zwar lästige Routineaufgaben, wie z. B. die Planung von Vorstellungsgesprächen oder automatische Absagen, übernehmen, aber wenn man mit der Technisierung des Recruitingprozesses zu weit geht, kann sich das Erlebnis für die Bewerber:innen kalt und distanziert anfühlen. Es kann durchaus herausfordernd sein, in einer digitalen Welt eine menschliche Note zu vermitteln – es ist aber nicht unmöglich. Technologie kann definitiv die Effizienz von Einstellungsverfahren steigern und alltägliche Aufgaben automatisieren. Wir stellen jedoch fest, dass der menschliche Kontakt nach wie vor von zentraler Bedeutung für unsere Einstellungsprozesse ist, und das Gleiche gilt für unsere Kunden. Ein kollaborativer Rekrutierungsprozess, bei dem mehrere Interessensgruppen an der Suche, der Vorauswahl, den Vorstellungsgesprächen und der letztendlichen Einstellung beteiligt sind, gewährleistet, dass die Kandidat:innen gut zum Team und zur Unternehmenskultur passen. Zudem schafft er ein besseres Bewerber:innenerlebnis und kann Personalabteilungen genauso gut entlasten.
Perry Ootsdam, CEO Recruitee
OMR: Wie hat die Pandemie Bewerbungsprozesse verändert?
Perry: Durch die Pandemie bewerben sich immer mehr Menschen auf ein breiteres Spektrum an Stellen, als sie es bisher getan haben. Gleichzeitig bedeutete der Übergang zu einer dezentralen Arbeitsweise für viele Unternehmen, dass der Standort nicht länger ein einschränkender Faktor für das Recruiting von Top-Talenten ist. Während die Suche nach den perfekten Kandidat:innen früher durch Umzugsbudgets und geografische Gegebenheiten eingeschränkt war, haben die Unternehmen nun die Möglichkeit, einen quasi globalen Talentpool zu nutzen. Darüber hinaus mussten sich die Unternehmen auf virtuelle Vorstellungsgespräche und Onboardingprozesse einlassen, die sich aufgrund der Kosten- und Zeitersparnis für beide Seiten lohnen.
Mehr zu dem Tool Recruitee und weitere Bewerbermanagement-Software findet Ihr auf unser Softwarebewertungsplattform OMR Reviews.
Author: Brian Gray
Last Updated: 1702421762
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